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Zurich Center for Neuroeconomics (ZNE)

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07-06-2023: NZZ Live Event

Christian Ruff spoke on the topic of fairness at the "NZZ Live" event on June 7. Read the coverage or watch the video of the event (in German)

Fairness - the problem child of modern societies

05-06-2023: Fairness is not just a philosophical concept, it is part of our biological and evolutionary nature. But fairness is not above all things, and our ideas of fairness are not universal. Conflicts are pre-programmed, especially in industrialised societies.

Article by Christian Ruff in the NZZ (in German) 

Warum tun wir uns schwer, für alle zufriedenstellende Lösungen zu finden? Die Frage, wie gesellschaftliche Gewinne und Kosten angemessen verteilt werden sollen, bereitet Politikern schlaflose Nächte und führt zunehmend zu Demonstrationen und Protestaktionen.

CHRISTIAN RUFF
Dass Fragen der Fairness zu hitzigen Meinungsverschiedenheiten führen, könnte paradoxerweise daran liegen, dass Fairness Teil unserer biologischen Natur ist. Evolutionär betrachtet, haben wir Menschen eine herausragende Fähigkeit: Wir können uns flexibel in Gruppen zusammenschliessen, um übergeordnete Ziele zu verfolgen. Solch arbeitsteilige Kooperation erscheint uns heute selbstverständlich – ohne sie gäbe es keine Supermärkte, Autos, Schulen oder Impfstoffe.
Bei unseren stammesgeschichtlichen Vorfahren hingegen benötigte die Evolution dieser Fähigkeit – neben zunehmend komplexerer Sprache – auch die schrittweise Entwicklung von Gefühlen und Verhaltensweisen, die zur Aufteilung der gemeinsam erreichten Ressourcen
führen. Letztlich ist Kooperation nur dann dauerhaft möglich, wenn alle Beteiligten dadurch profitieren und niemand zu kurz kommt.
 
«Fairness-Sinn» im  Gehirn
Die Hirnforschung zeigt, dass solch ein instinktiver «Fairness-Sinn» tatsächlich in unserem Gehirn angelegt ist und in entsprechenden Situationen die Kontrolle über unsere Gefühle und unser Verhalten übernehmen kann. So zeigt sich in Experimenten, bei denen zwei Versuchspersonen Geld untereinander aufteilen müssen, dass Menschen unfaire Aufteilungsvorschläge (weniger als zirka 35 Prozent der Gesamtsumme) ablehnen, sogar wenn sie selbst das angebotene Geld dadurch verlieren. 

Diese emotionale Reaktion auf Unfairness wird durch klar umschriebene Hirnprozesse gesteuert und kann durch schwache magnetische Stimulation sogar abgeschwächt oder verstärkt werden. Die bewusste Einschätzung der Fairness ändert sich dabei erstaunlicherweise nicht. Umgekehrt zeigen andere Experimente, dass Menschen ein intuitives Verständnis dafür haben, wie andere auf Unfairness reagieren werden: Wenn Aufteilungsvorschläge abgelehnt werden können, dann fallen diese sehr viel fairer aus, als wenn sie klaglos akzeptiert werden müssen.

Auch dieses Verhalten wird durch Hirnaktivitätsmuster gesteuert und kann – wieder unabhängig von der bewussten Fairnesswahrnehmung – durch elektrische Stimulation so beeinflusst werden, dass sich Menschen mehr oder weniger fair verhalten. Fairness ist also nicht nur ein philosophisches Prinzip, das logisch und analytisch beurteilt wird, sondern löst Gefühle und instinktive Verhaltensweisen aus, die evolutionär entstanden sind und Teil unserer biologischen Natur sind. Einerseits hilft uns dies dabei, mit beliebigen Mitmenschen flexibel in Gruppen zu kooperieren. Andererseits weist unser Fairness-Sinn aber drei Kerneigenschaften auf, die ihn bei Verteilungsfragen in industrialisierten Gesellschaften ins Straucheln kommen lassen können. Erstens haben sich fairnessbezogene Emotionen und Verhaltensweisen vor allem in der direkten Interaktion mit einzelnen Personen entwickelt. Dies mag für die Verteilung von Jagdbeute in kleinen Gruppen hilfreich sein, ist jedoch in Gesellschaften mit zahlreichen hochkomplexen Märkten, Organisationen und Institutionen problematisch. So kann es schwierig sein, überhaupt ein Gegenüber zu bestimmen, das die Ursache für eine wahrgenommene Unfairness sein könnte. Hinzu kommt, dass in modernen Gesellschaften nicht nur ein Gut verteilt wird, sondern viele Dinge in parallelen Märkten, die nach unterschiedlichen Regeln organisiert sind – man denke zum Beispiel an Wohnraum, Bildung, Gesundheit, Transportmöglichkeiten, Kulturangebote und anderes. Eine umfassende Beurteilung der Fairness über alle diese Bereiche hinweg ist nahezu unmöglich. Vielleicht fallen wir deshalb in entsprechenden Debatten oft auf Positionen zurück, in denen eine als Gegenseite wahrgenommene Grösse (zum Beispiel «die Wirtschaft») für Unfairness in einem eng umschriebenen Lebensbereich (zum Beispiel steigende Preise) verantwortlich gemacht wird.

Zweitens scheint unser Fairness-Sinn sich flexibel danach auszurichten, ob andere Menschen auf unfaires Verhalten reagieren können – wir teilen gleichmässig, wenn Aufteilungen auch abgelehnt werden können, aber handeln sonst eher zum eigenen Vorteil. Überspitzt gesagt, verhalten wir uns vor allem dann fair, wenn dies auch von anderen eingefordert werden kann. In einigen Bereichen unserer Gesellschaft hat sich diese Einsicht durchgesetzt: Zum Beispiel können Löhne durch Streiks ausgehandelt werden. Allerdings gibt es auch zunehmend Lebensbereiche, in denen die Interessen beider Seiten gar nicht gleichermassen vertreten werden können. Pensionäre, Geflüchtete und zukünftige Generationen haben oft wenig Möglichkeiten, auf Vorschläge zu Rentensystemen, Asylrecht oder Klimapolitik zu reagieren und somit in Bezug auf Fairness in diesen Angelegenheiten interaktiv mitzubestimmen. 

Drittens scheinen wir nicht bei allen Menschen die gleichen Standards anzuwenden, sondern sehr viel fairer zu handeln, wenn wir es mit einer uns nahestehenden Bezugsgruppe zu tun haben. Gerade bei der Aufteilung von unangenehmen Kosten zeigen Experimente, dass Menschen viel eher einen angemessenen Teil übernehmen, wenn die anderen Teilnehmer gleiche Interessen haben oder andere Ähnlichkeitsmerkmale aufweisen. Rivalisierende Subgruppen Auch dieses Verhalten mag evolutionär vorteilhaft gewesen sein, um die eigene Gruppe zusammenzuschweissen. In modernen, globalisierten Gesellschaften kann genau diese Verhaltenstendenz aber ein produktives Zusammenleben sehr schwierig machen, besonders wenn entsprechende Debatten als Verteilungskampf zwischen rivalisierenden Subgruppen (Jung versus Alt, Stadt versus Land usw.) gesehen werden können. 

Diese drei Eigenschaften unseres biologischen Fairness-Sinns können durchaus gefährlich für Gesellschaften werden, in denen ein diffuses Gefühl der Unfairness herrscht. Dies zeigt sich daran, wie sie von demokratiefeindlichen populistischen Strategien instrumentalisiert werden können. Ein klassisches Rezept hierfür lautet wie folgt: Für eine wahrgenommene Unfairness wird eine Gruppierung verantwortlich gemacht, die die Bevölkerung angeblich ausnutzt und diese Machenschaften hinter komplexen Gesellschaftsstrukturen verschleiert. Den Wählern wird eine Person angeboten, die diese Gruppierung und ihre Strukturen zerschlagen will, um als Volksvertreter die Interessen der benachteiligten Gruppe durchzusetzen. Jegliche Instanz, die dieser Interpretation widerspricht, wird ebenfalls als Teil der Verschleierungstaktik der anderen Gruppierung dargestellt. Hierdurch wird es unmöglich, überhaupt zu diskutieren, inwiefern die politischen Pläne der verschiedenen Akteure für Fairness in der Gesellschaft sorgen könnten. 

Dass solche Strategien trotz offensichtlichen Inkonsequenzen scharenweise Wähler radikalisieren und gegen demokratisch ewachsene Strukturen aufbringen können, zeigt die neuere Geschichte der USA. Aber auch in anderen Ländern finden solche Tendenzen zunehmend Anklang. Christian Ruff ist ordentlicher Professor für Neuroökonomie und Entscheidungsneurowissenschaften am Department of Economics an der Universität Zürich.  

Dieser Artikel erschien am 5.6.2023 in der NZZ

Conflicting Motives Govern Sense of Fairness

05-12-2022: The perception that resources are unfairly distributed is at the root of many social conflicts. In a paper recently published in PNAS, Christian Ruff and Jie Hu investigate the motives influencing our perception of justice in resource distribution. They found that although people feel an aversion to inequality, they are also reluctant to harm others and to upend existing social hierarchies. 
Research shows that two conflicting motives play a particularly important role in the assessment of distributive justice: inequality aversion and the reluctance to harm others. To understand how these motives interact with each other, a team around Neuroeconomists Jie Hu and Christian Ruff used functional magnetic resonance tomography (fMRT) to study the brain activity of test participants during a redistribution task. 
The participants were generally more willing to make others financially worse off if this reduced inequality – in particular if the initial inequality was substantial. However, there seemed to be a limit: a redistribution that made the initially advantaged person worse off than the other was not chosen, even if this would lead to more equality overall. 

Press Release

Interview with Christian Ruff (German, starting min 35:53) 

2022-03-07: Even a little alcohol may be bad for the brain

According to a recent study in "Nature Communications", even moderate alcohol consumption is associated with a smaller brain volume and a reduced mass of grey and white brain matter.

It is well known that chronic excessive alcohol abuse is detrimental to health. However, the evidence to date is contradictory as to whether light to moderate alcohol consumption could have similar negative consequences.

Gökhan Aydogan, a postdoctoral researcher at the Zurich Center for Neuroeconomics, was part of the international and interdisciplinary research team that studied a huge sample of 36,678 adults from the UK. "We already found negative associations between alcohol consumption and brain structure in people who consumed only one to two units of alcohol per day," he summarizes the findings. In the study, one pint of beer or a large glass of wine was considered to be two units of alcohol.

Effects are worse the more you drink

The study offers evidence that the effects of alcohol consumption on the brain are exponential. Gökhan Aydogan explains: "The last beer is not only responsible for the hangover, but also has a greater negative effect on brain ageing than all the previous ones consumed that day".

The researchers assume that brain of people consuming one unit of alcohol per day age around 1 year more than the brains of people who consume no alcohol at all. At four units per day, the difference in brain ageing is ten years.

The authors emphasize, however, that the study was not designed to establish a causal relationship between alcohol consumption and the change in brain structure, i.e. to prove a cause-effect relationship. Further studies on this would therefore be of great interest.

Article in Nature Communications

 

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